Diabetes mellitus bei Tieren
Wenn man von Diabetes spricht, meint man von dem sogenannten Diabetes mellitus. Der Name Diabetes mellitus leitet sich ab aus dem griechischen und lateinischen. „Diabetes“ bedeutet auf griechisch so viel wie „hindurchfließen“, was sich auf den übermäßigen Harndrang zurückführen lässt, während „mellitus“ aus dem Lateinischen stammt und „honigsüß“ bedeutet. Das wiederum lässt sich auf die vermehrte Ausscheidung von Glukose über den Urin zurückführen.
Also man kann die Erkrankung auch mit „Honigsüßen Durchfluss“ übersetzen. Wie in der Humanmedizin kann Diabetes in drei Formen klassifiziert werden:
Einmal den Typ 1 Diabetes, dann den Typ2 Diabetes und als drittes den sekundären Diabetes.
Ein entscheidendes Organ in Bezug auf Diabetes hat die Bauchspeicheldrüse. In ihr liegen die Langhans-Inseln, die unteranderem für die Produktion vom Insulin zuständig sind.
Diabetes mellitus führt bei Hunden und Katzen zu einem gestörten Zuckerstoffwechsel, weil Insulin fehlt oder nicht richtig wirkt. Die Körperzellen können die Glukose aus dem Blut nicht mehr aufnehmen – der Körper schaltet auf „Notbetrieb“.
Das sind die typischen Symptome:
Frühe und auffällige Anzeichen
- Polydipsie (vermehrtes Trinken)
Betroffene Tiere trinken deutlich mehr als üblich. Während ein gesunder Hund oder eine Katze ihren normalen Flüssigkeitsbedarf deckt, können Diabetiker ein Vielfaches davon aufnehmen – ähnlich wie ein Mensch, der plötzlich 6 Liter Wasser am Tag trinkt. - Polyurie (vermehrtes Harnlassen)
Da überschüssiger Zucker über den Urin ausgeschieden wird, muss auch viel Wasser ausgeschieden werden. Die Tiere setzen daher sehr häufig und große Mengen Urin ab.
Stoffwechselbedingte Veränderungen
- Polyphagie (gesteigerter Appetit)
Obwohl die Tiere viel fressen, nehmen sie ab. Der Körper kann die zugeführte Glukose nicht verwerten und greift stattdessen auf Fett- und Muskelreserven zurück. - Gewichtsverlust bis hin zur Kachexie
Der Abbau von Muskel- und Fettgewebe führt trotz Appetitsteigerung zu einem deutlichen Gewichtsverlust. - Apathie und Schwäche
Ohne Insulin fehlt den Zellen Energie – die Tiere wirken müde, abgeschlagen und reagieren träger als sonst.
Weitere Begleitsymptome
- Erbrechen und Durchfall können auftreten, besonders bei entgleistem Diabetes (z. B. Ketoazidose).
- Dehydratation infolge des hohen Flüssigkeitsverlusts.
Wenn ein Tier an Diabetes mellitus erkrankt, kann sein Körper den Zucker im Blut nicht mehr richtig verwerten. Normalerweise sorgt das Hormon Insulin dafür, dass der Zucker aus dem Blut in die Zellen gelangt und dort als Energie genutzt wird. Fehlt Insulin oder wirkt es nicht richtig, bleibt die Energie im Blut – die Zellen „hungern“, obwohl genug Zucker vorhanden ist.
Eines der ersten Anzeichen ist, dass das Tier deutlich mehr trinkt als sonst. Viele Tierhalter bemerken plötzlich, dass der Wassernapf ständig leer ist. Weil der Körper versucht, den überschüssigen Zucker über den Urin auszuscheiden, muss das Tier auch viel häufiger pinkeln.
Trotz des hohen Energiebedarfs frisst das Tier sehr viel, nimmt aber trotzdem ab. Das liegt daran, dass der Körper die Energie aus der Nahrung nicht nutzen kann und stattdessen Fett und Muskeln abbaut. Die Folge ist ein deutlicher Gewichtsverlust, manchmal bis hin zu Kachexie.
Durch den Energiemangel wirkt das Tier oft müde, antriebslos oder apathisch. Manche Tiere zeigen zusätzlich Erbrechen oder Durchfall, und durch das viele Trinken und Urinieren kann es zu Austrocknung kommen.
Kurz gesagt: Ein Tier mit Diabetes trinkt und uriniert sehr viel, frisst ungewöhnlich viel, nimmt aber trotzdem ab und wirkt insgesamt schwach und erschöpft.
Urinuntersuchungen und Laborparameter
Bei Verdacht auf Diabetes mellitus oder Nierenerkrankungen sind Urin- und Blutuntersuchungen wichtige diagnostische Werkzeuge.
Im Urin wird insbesondere der Glukosegehalt überprüft. Glukose ist im Harn erst nachweisbar, wenn die Nierenschwelle überschritten wird – das bedeutet, dass der Blutzuckerspiegel so stark ansteigt, dass die Nierentubuli die filtrierte Glukose nicht mehr vollständig rückresorbieren können. Der Nachweis von Glukose im Urin ist daher ein deutlicher Hinweis auf eine Hyperglykämie.
Ebenfalls relevant ist der Nachweis von Ketonkörpern, die entstehen, wenn der Körper aufgrund des Insulinmangels Fett als Energiequelle nutzt. Das Auftreten von Ketonkörpern im Urin weist auf eine Stoffwechselentgleisung hin, wie sie bei einer diabetischen Ketoazidose vorkommt.
Entzündungszellen oder Blut im Urin deuten auf begleitende Infektionen oder Entzündungen der ableitenden Harnwege hin. Das spezifische Gewicht des Urins liefert zudem Informationen über die Konzentrationsfähigkeit der Niere und kann bei diabetischen Patienten durch die Glukosurie erhöht sein.
Zur ergänzenden Beurteilung werden Blutparameter herangezogen:
- Glukose im Blut: 80–120 mg/dl
- Serumwerte:
- Hund: 3,05–6,1 mmol/l (≈ 55–110 mg/dl)
- Katze: 3,1–6,9 mmol/l (≈ 56–124 mg/dl)
- Fruktosamin im Blut:
- Hund: < 374 µmol/l
- Katze: < 340 µmol/l
Fruktosamin dient dabei als Langzeitparameter der Blutzuckerkontrolle und spiegelt die mittlere Glukosekonzentration der letzten 1–3 Wochen wider.
Folgeerkrankungen
Da Diabetes den gesamten Stoffwechsel betrifft, können Folgeerkrankungen auftreten. Hier ist eine Auflistung der üblichen Erkrankungen, die von einem Diabetes herrühren können.
Augen
- Katarakt (Hund): Zucker (Glukose) im Auge wird in Sorbit umgewandelt → osmotische Veränderungen → Linsentrübung. Besonders häufig bei Hunden.
- Hornhautulzera: Durch diabetische Neuropathie kann die Hornhaut schlechter regenerieren und Infektionen häufiger auftreten.
Mundbereich
- Stomatiden (Entzündungen der Mundschleimhaut): Durch Immunsuppression und schlechte Wundheilung bei Diabetes häufiger.
Nieren
- Nephropathien / Proteinurie (Hund): Langfristiger Diabetes kann die Nieren schädigen (diabetische Nephropathie), Proteinverlust über den Urin.
Immunsystem
- Infektanfälligkeit: Hoher Blutzucker fördert Bakterienwachstum und schwächt die Immunabwehr → Tiere sind anfälliger für Infektionen.
Endokrines System
- Hyperadrenokortizismus: Kann sekundär auftreten oder Diabetes verschlimmern (Stresshormon Cortisol steigert Blutzucker).
Kreislauf / Blutdruck
- Blutdruckerhöhung: Diabetes kann zu Bluthochdruck führen, oft zusammen mit Nierenschäden.
Stoffwechsel
- Ketoazidose: Akute, lebensbedrohliche Komplikation bei unkontrolliertem Diabetes → Ansammlung von Ketonkörpern → metabolische Azidose.
Diabetes kann je nach Tierart unterschiedlich aussehen. Damit ihr einen Überblick über die typischen Unterschiede habt, findet ihr hier eine Tabelle dazu.
Übersicht Hund Katze und Pferd
Merkmal | Hund | Katze | Pferd |
Typ | Typ 1 – keine Remission | Typ 2 – Remission möglich bei frühzeitiger Diagnose | Sekundär / Insulinresistenz (häufig im Rahmen EMS) |
Häufigkeit / Geschlecht | Mehr Weibchen | Mehr Männchen (~70 %) | Ponys & Islandpferde häufiger, kein klarer Geschlechtsunterschied |
Risikofaktoren | Progesteron bei intakten Weibchen | Alter, Übergewicht, männlich | Übergewicht, EMS, Bewegungsmangel, hoher Zucker/Stärke im Futter |
Pathophysiologie | Beta-Zell-Destruktion → fehlendes Insulin | Insulinresistenz + Beta-Zell-Dysfunktion | Insulinresistenz, sekundäre Beta-Zell-Dysfunktion |
Diagnose / Labormarker | Fructosamine (Glukose an Albumin gebunden), Glukose | Fructosamine (an Globuline gebunden), Glukose, Stresshyperglykämie beachten | Basalinsulin, Fructosamine, orale Glukosetoleranztests (OGT), Screening auf EMS |
Klinische Symptome | Polyurie, Polydipsie, Gewichtsverlust, Polyphagie, Katarakt | Polyurie, Polydipsie, Polyphagie, Gewichtsverlust, Neuropathie | Gewichtszunahme, Muskelschwäche, Trägheit, Hufprobleme/Hufrehe, Polydipsie/Polyurie selten |
Häufige Komplikationen | Katarakt, Hornhautulzera, Nephropathie, Infekte, Ketoazidose | Diabetische Neuropathie, Pankreatitis (~60 %), Hepatische Lipidose, Infekte | Hufrehe (Laminitis), metabolische Komplikationen |
Therapie / Management | Insulintherapie, evtl. Kastration bei Weibchen, Gewichtsmanagement | Insulintherapie, Diät (proteinreich/kohlenhydratarm), Gewichtsmanagement, Remission möglich | Gewichtsreduktion, Bewegung, Futterumstellung (low-sugar/low-starch), ggf. Metformin |
Remission | Nicht möglich | Möglich bei frühzeitiger Diagnose | Selten, abhängig von EMS-Management |